Ich sitze hier mit dicker Kugel im 10. Monat auf dem Sessel und überlege vor mich hin. Während die Mitbewohnerin fröhlich ihre Wohnung auf- und umräumt und sich auf den Auszug vorbereitet, lasse ich das letzte Jahr Revue passieren. Viele Gedanken stapeln sich und gern würde ich sie alle konservieren, niederschreiben und in 5 Jahren noch mal nachlesen.
Die gesellschaftliche Vorgabe irgendwann ein Kind in die Welt zu setzen ist mittlerweile zum Standard geworden habe ich das Gefühl. „Ihr seid nun schon so lange zusammen, wollt ihr nicht mal Heiraten und Kinder bekommen?“ Ja … nun, schon aber nicht jetzt war meist unsere Aussage. Denn wir hatten einen ungefähren Lebensplan den wir – wenns gut geht – einhalten wollten. Wir sind nun 7 Jahre zusammen. Ein halbes Jahr nachdem wir zusammen gekommen sind, nahm sich der Mann einen Hammer und fing an das Haus meiner Mutter … nennen wir es mal nett formuliert „zu demolieren“ – um es danach wieder schön aufzubauen. Für eine Person wäre das Haus zu groß, also warum sollten wir das Projekt Hausumbau für zwei Familien nicht wagen? Viele standen uns mit gerunzelter Stirn gegenüber und fragten sich, ob es für so eine frische Beziehung das sinnvollste wäre, so ein Mammutprojekt in Angriff zu nehmen. Hausbau frisst Beziehung! Ja, aber nicht immer wie sich zeigte.
Wir haben insgesamt über 5 Jahre an unserem Haus in Eigenregie gebaut und ohne diese Erfahrung wäre unsere Beziehung nicht das was sie heute ist. So etwas ist zu schaffen, aber nur wenn man sich mit Respekt behandelt und wenns mal nicht so gut läuft, bleibt die Baustelle eben auch mal ein paar Wochen liegen und das „Wir“ tritt wieder mehr in den Vordergrund. Nach dem Hausbau wollten wir noch etwas leben, uns als Paar auch auf anderen Ebenen kennenlernen und schauen wie es ist so ganz ohne Hausbau läuft. Ich hatte immer nur befristete Arbeitsverträge, was ich in meiner Vorstellung auch nicht mit einem Kind vereinbaren konnte und wollte. Irgendwann ergab sich dann auch eine perfekte Arbeitssituation für mich und somit waren die wichtigsten Punkte erledigt. Haus steht, Arbeit passt und nun…?!
Ich setzte bewusst die Pille ab, wollte meinem Körper aber noch mindestens 1 Jahr Zeit geben die Hormone in Ruhe abzubauen. Immerhin habe ich die Pille 16 Jahre lang genommen. Außerdem wollte ich uns nicht in eine Warten-Hoffen-Situation bringen, in der wir vielleicht nur enttäuscht worden wären. Und noch ein bisschen mehr Zeit für uns ohne Hausbau oder andere große Verpflichtungen war ja auch ganz nett.
„Pläne sind dazu da, sie über den Haufen zu werfen“
Nach ca. 1 Jahr ohne Pille wurde der Mann hibbelig und wollte loslegen. Ich hätte gern noch etwas gewartet und eher eine Schwangerschaft ab Oktober geplant. Vorteil bei einem dann folgenden Sommerkind: Sämtliche Geburtstage können draußen gefeiert werden (juheee raus mit der Meute!) und diese ganze Kitageschichte wäre auch nicht so kompliziert gewesen, da die meisten Kitas im Spätsommer erst neue Kinder aufnehmen. Nun ja, nun ist es eben Mitte April geworden mit der bevorstehenden Geburt. Auch in Ordnung. Da machen wir dann wahrscheinlich alle Wetterlagen im Laufe des Lebens mit.
Die bewusste Entscheidung ein Kind zu zeugen ist irgendwie beängstigend für mich. Ich denke ich hab da ein Stück mehr Realität abbekommen als der Mann und mache mir schon etwas mehr Gedanken. Packen wir zusammen die Aufgabe als Eltern? Oder scheitern wir daran obwohl wir schon so viele große Dinge gut zusammen gemeistert haben? Wie wird es finanziell sein? Wie wird sich unser Leben demnächst verändern? Was für schöne aber auch anstrengende Momente kommen auf uns zu? Vielleicht sollte ich aber auch ein Stück mehr Gelassenheit vom Mann annehmen und es einfach auf mich zukommen lassen. Es kommt wie es kommt…
Ich denke eine gute Mischung aus unserer beiden Vorstellungen wird uns ganz gut über die Runden bringen und auch die Ruhe die der Mann mit sich bringt wird uns mehr als behilflich in vielen Situationen sein. Ich bin sehr gespannt ob ich das immer noch so sehe, wenn ich mir diesen Text in ein paar Jahren durchlesen werden.
Das Fundament steht, alle Weichen sind auf Grün gestellt. Im nächsten Eintrag erzähle ich euch, wie ich die Schwangerschaft bemerkt habe und wie es mir ergangen ist.
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