Die Pille war seid einem Jahr abgesetzt und in den letzten Wochen haben wir mal mehr, mal weniger auf andere Verhütung geachtet. Wer konnte denn ahnen, dass es dann doch so schnell geht?
Normalerweise kommt meine Regel relativ pünktlich +/- 2 Tage. Meist merk ich es auch vorher anhand von Unterleibsziepen und Rückenschmerzen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich mein Zyklus auf ca. 30 Tage eingependelt. Männe wusste erstaunlicherweise immer gut bescheid wann es bei mir losgeht oder ich kurz davor bin… böse PMS *hust*
An Tag 32 fragte er mal ganz scheinheilig, ob ich nicht mal einen Test machen möchte, ich sei so „normal“ er hätte da so einen Verdacht. Mh nö alles in Ordnung war mein Gedanke, denn das alt bekannte ziepen im Unterleib hatte ich ja schon. Ich war fest der Meinung: morgen lieg ich mit Wärmflasche und Schokolade quengelnd auf dem Sofa.
Doch irgendwie gingen mir die Worte vom Mann nicht aus dem Kopf und ich grübelte die halbe Nacht. Am nächsten Tag ging ich wie gewohnt zur Arbeit, erwischte mich aber ein paar mal dabei, dass ich nicht ganz bei der Sache war und auch gern vor dem großen Spiegel im Bad stand und mir auf den Bauch starrte. Kann das sein? Nach der Arbeit bin ich zu Rossmann gefahren und hab mir den billigsten Schwangerschaftstest besorgt, den es gab. Das ist alles quatsch, dann kommen meine Tage halt morgen. Wozu also unendlich viel Geld für einen teuren Schwangerschaftstest ausgeben?
Ich alte Schissbohne hab den Test dann aber erst mal im Bad versteckt, mein Gedankenchaos gleich dazu gepackt und hab das ganze Thema auf den nächsten Morgen verschoben.
Kaum war der Mann am nächsten Morgen außer Haus, stürmte ich ins Bad. Jetzt oder nie! Kommst ja eh nicht drum rum und ich brauchte dazu meine Ruhe weil ich keine Ahnung hatte, wie ich reagieren würde. So schnell wie sich der zweite Strich verdammt deutlich abzeichnete, umso größer wurden auch meine Augen.
„Ach du Scheiße!“
Ich starrte ins Nirgendwo und versuchte meine Emotionen, Gedanken und mein körperliches Zittern irgendwie zu ordnen. Aber mehr als „Ach du Scheiße“ kriegte ich einfach nicht zustande. In meinen Gedanken habe ich mir immer die tollsten Geschichten ausgemalt, wie ich es dem Mann sage oder ihm irgend etwas tolles schenke oder er vielleicht auch was erraten muss? Nichts von dem zeigte sich jetzt vor meinem geistigen Auge und ich hatte auch die Ahnung, dass ich nichts Vernünftiges mehr zu Stande kriegen würde. Denn Fakt war: er wird es heute noch erfahren! Erstens hatte er ja schon eine Vorahnung und zweitens würde er es an meinem Verhalten definitiv merken. Den Test stopfte ich in die hinterste Ecke des Badezimmerschrankes und machte mich auf den Weg zur Arbeit. Wieder verging ein Tag an dem ich eher schlecht als recht bei der Sache war. Aber in einer Sache war ich mir sicher: Ich brauche heute noch einen Ultraschall! Ich musste es genau wissen! Noch genauer als es eigentlich schon war…
Nach unendlichen Stunden auf Arbeit fuhr ich zu meiner Frauenärztin, nur um zu sehen, dass sie momentan Urlaub hat. Natürlich! Glücklicherweise war der Vertretungsarzt hinterlegt und ich machte mich auf den Weg zu ihm. Der Empfangsdame erklärte ich mein Anliegen und bat einfach nur um eine kurze Bestätigung durch den Arzt. 10 Minuten später stocherte der Arzt also in mir rum mit seinem Ultraschalldings, guckte auf den Bildschirm und sagte: „Glückwunsch, Sie sind so was von Schwanger!“
„Ach du Scheiße…“ ich kam von diesem Satz einfach nicht los und der Arzt guckte mich etwas verdutzt an. „Freuen Sie sich denn gar nicht?“ „Ich weiß nicht“, antwortete ich „irgendwie bin ich gerade doch etwas geschockt.“ Das war die ehrlichste Antwort aller Zeiten. Ja ich war geschockt und immer noch nicht in der Lage meine Gedanken zu sortieren, obwohl ich das Ergebnis schwarz auf weiß in meinen Händen hielt. „Haben Sie es denn nicht gemerkt? Keine harten Nippel oder so, düdelüdelüüü?“ und drehte mit seinen zwei Zeigefingern Kreise um seine eigenen Nippel. Da saß ein Arzt vor mir, im weißen Kittel und vermittelt mir mit seinen weißen Haaren Autorität und unendliches Wissen jahrzehntelanger Arbeit und drehte imaginäre Kreise um seine Brustwarzen und freut sich eins. Ich wusste nicht ob ich hysterisch kichern oder in Rotzblasen weinend vor ihm zusammenbrechen wollte. Am liebsten wollte beides gleichzeitig…
Ich ging nach Hause und versuchte meinen Kopf endlich mal mit Dingen zu füllen, die eigentlich durch selbigen hätten schwirren müssten. Stattdessen war er einfach leer. Ich starrte auf das Bild mit der kleinen schwarz weißen Blase und musste schon ein wenig schmunzeln. Ich war bereits in der 6. Woche und diese kleine Blase dreht jetzt schon alles auf Links in meiner Gefühlswelt. Na das kann ja was werden.
Wir bekommen ein neues plüschiges Familienmitglied
Ich leerte zu Hause den Briefkasten und ging ins Haus und schaute die Post durch. Ein Katalog über Hundeartikel fiel mir in die Hände. Seit Monaten redeten wir intensiv darüber uns wieder einen Hund anzuschaffen. Selbst auf Arbeit hatte ich schon alles abgesprochen und wir planten unsere Urlaube direkt hintereinander um die Eingewöhnung so lange wie möglich laufen zu lassen, auch um auf die Katzen so viel Rücksicht wie möglich zu nehmen. Einige Züchter waren schon kontaktiert und auch die Besuchstermine waren vereinbart. Und nun stand ich da mit dem Katalog in der einen und dem Ultraschallbild in der anderen Hand. Leben ist das, was passiert, während du Pläne machst… Oh wie wahr! Ich stopfte das Ultraschallbild auf die erste Seite des Kataloges und wartete mit gemischten Gefühlen auf den Mann. Als er nach Hause kam, versuchte ich so beschäftigt wie möglich zu tun um ihm nicht die Gelegenheit zu geben mir irgendwas anzusehen und bitte bloß nicht nachzufragen! Am frühen Abend nahm ich all meinen Mut zusammen und wir legten uns aufs Bett und quatschten ein wenig belangloses Zeug über den Tag. Wirklich anwesend war ich nicht und nickte nur vor mich hin als er mir von seiner Arbeit erzählte. Die Post hatte ich mitgenommen und drückte ihm erst mal alles andere in die Hand. Ich wartete bis er alles gesichtet hat und legte ihm dann ganz beiläufig den Hundekatalog hin mit den Worten „Guck mal der kam heute, da sind tolle Sachen drin. Besonders das auf Seite 1 finde ich total sinnvoll! Das sollten wir uns unbedingt für den zukünftigen Hund kaufen!“
„Freust du dich?!“
Der Mann klappte den Katalog auf, überflog die Seite und seine Augen blieben an dem Ultraschallbild hängen. Sekunden kamen mir vor wie Minuten, ich hatte ein Rauschen in den Ohren und mein Herz war kurz davor aus meiner Brust zu springen. Verdammt nun sag doch mal was! Ohne mich eines Blickes zu würdigen nahm er das Bild in die Hand, guckte auf die kleine Blase, hob die Augenbrauen und sagte ohne eine weitere Gefühlsregung ganz trocken „Aha!“
Ernsthaft?! Aha? Das war seine Reaktion? Das ist das was ich unserem Kind erzähle wenn es mal danach fragt wie Papa auf die Schwangerschaft reagiert hat? Ich hatte keine Ahnung wie ich das einordnen sollte. Verarscht der mich? Will ich weinen oder doch lieber wegrennen? Und während ich versuchte meine Gefühle zu sortieren blickte er mir breit grinsend ins Gesicht und sagte stolz „Ha! Ich wusste es vor dir!“
Immer noch völlig durcheinander und mit der Situation überfordert brachte ich nur ein zitterndes „Freust du dich?“ heraus. Sekunden später lagen wir uns in den Armen und an seiner Stimme merkte ich, dass er mit den Tränen kämpfte als er sagte „Natürlich freu ich mich!“ Endlich löste sich auch bei mir etwas und die ganze Anspannung fiel ab. Meine Unterlippe und mein Kinn zitterten unaufhörlich und uns liefen die Tränen.
Wir werden also Eltern. Wir übernehmen eine unendlich große Verantwortung für eine kleine Zelle die uns für immer verbindet und unser Leben auf den Kopf stellen wird!
Ich hatte keine Ahnung was mich alles in den nächsten Wochen erwarten würde…
1 Comment
Ach wie schön, da kamen mir direkt ein paar Tränchen
2. April 2017 at 12:11