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Egoismus als Mutter – Eine große Portion zum Mitnehmen bitte

Seit ich wusste, dass ich schwanger bin, beschäftigte mich das Thema immerzu. Jeden Tag ging mir der Satz durch den Kopf „Ich bin schwanger“. Wirklich realer hat es das in den ersten Monaten nicht gemacht. Mir fehlte schlicht und einfach die Vorstellungskraft. Nicht weil man den Bauch noch nicht sieht, sondern weil sich unser Leben einfach komplett drehen wird in nächster Zeit. Klingt das egoistisch? Solch große Veränderungen machen mir erst mal Angst, auch wenn wir nach und nach in die Aufgabe als Eltern reinwachsen.

Wer braucht schon Schwangerschaftswehwehchen?!

Ab dem Zeitpunkt wo ich es erfahren hatte ging es mir schlagartig schlechter. Die Übelkeit schlug voll zu. Wir hatten noch ein paar wirklich heiße Tage im September, was mir zusätzlich Kreislaufprobleme bescherte. 6 Wochen quälte ich mich mehr oder weniger mit dem Gefühl mich gleich übergeben zu müssen. Immerhin habe ich es ganze 2 Mal geschafft und ich bin dankbar, dass es nicht mehr war. Es war aber nicht das normale „Übergebengefühl“ als wenn man zu viel getrunken hätte, sondern irgendwie anders. Es nahm noch mehr den Körper und den Geist ein. Zeitweise saß ich auf dem Boden, da mir der Kreislauf wegsackte und wippte vor und zurück um der Übelkeit irgendwie Herr zu werden.

Der Mann durfte mich in dieser Zeit nicht mal berühren, da allein das alles nur noch verstärkt hat. Er stand also hilflos neben mir, nicht recht wissend, ob er mich überhaupt ansprechen sollte oder nicht. Lieber nicht! Ich war in meiner eigenen Welt gefangen und bekam kaum etwas um mich rum mit. In den 6 Wochen halfen mir viele Iso Drinks, Nausema und auch Sea Bänder, die mit Druckpunkten arbeiteten. Mir blieb nichts anderes übrig als das irgendwie durchzustehen. Und pünktlich zur 12. Woche war es dann auch vorbei. Gott sei dank!

Dekoration

Allerdings kamen nun die Hormonschwankungen dazu und ich heulte los, weil ich bei einem Lied von Abba zu sehr auf den Text hörte. Ich heulte los weil ein Delfin im Fernsehen umher geschwommen ist. Und nicht nur 3 Tränchen kullerten da über meine Wange, es liefen ganze Sturzbäche. Wie bescheuert ist das denn bitte? Ich kam mir albern vor, fühlte mich aber zugleich auch befreit nach jedem Heulanfall.

Ab dem 7. Monat ca. kamen dann die ersten körperlichen Beschwerden dazu. Mein Becken fing an zu schmerzen und auch mein Ischias machte sich langsam bemerkbar. Die Kombination war die Hölle, so dass ich geschlagene 5 Minuten und ca. 7 Anläufe brauchte um überhaupt ins Auto einsteigen zu können. Dort saß ich eine Stunde bis der Schmerz nachgelassen hat und ich mich in der Lage fühlte sicher Auto zu fahren. Nun sitze ich hier und habe seit  Tagen Rückenschmerzen sobald ich länger als 10 Minuten laufe. Auf die letzten Meter sammel ich nun auch noch Wasser. Irgendwas ist ja immer…

Schwangerschaft ist nichts für mich!

Ich bin ehrlich. Ich bin nicht gerne schwanger. Das war mir relativ schnell klar und die Meinung sollte sich auch über die Monate festigen. Schwanger sein bedeutet nicht nur 10 Monate Sonnenschein und flatternde Herzchen über dem baldigen Familienglück. Dessen sollte man sich bewusst sein. Mal abgesehen davon, dass es mir hätte wesentlich schlechter gehen können in der Schwangerschaft war ich trotzdem genervt. Mir wurden Nadeln in den Körper gerammt von teilweise unfähigem Personal und ich hab mich mit vollem Magen und Klamotten auf eine Waage gestellt. Wie frustrierend ist das denn? Ich habe mich um unendlich viel Papierkram gekümmert, der mich anfangs extrem überfordert hat. Und ich musste um einige Entscheidungen hart kämpfen. Das ist nur ein Teil von dem was auf mich eingeprasselt ist und meine eh schon angeschlagene Gefühlswelt ordentlich auf die Probe gestellt hat.

Tägliches Heulen vor Verzweiflung war somit an der Tagesordnung. Rückwirkend betrachtet habe ich knapp ein halbes Jahr gebraucht um mich auch Seelisch ein Stück weit auf die Schwangerschaft einzulassen. Und das war harte Arbeit! Mir ist es sehr schwer gefallen meinen wachsenden Bauch zu akzeptieren und damit auch das steigende Gewicht. Vor der Schwangerschaft hatte ich 22 kg abgenommen und so langsam fing ich wieder an mich wohler zu fühlen. Ich hatte so Lust auf mein neues ICH und war angekommen in meiner neuen Ernährung. Nun sitze ich hier und habe 16 kg in der Schwangerschaft zugenommen. Mein Bauch sieht aus, als hätte ich einen Medizinball verschluckt und auch wenn ich weiß, dass ein Großteil nach der Geburt wieder verschwunden ist, so ist es doch nicht leicht für meinen Kopf das zu realisieren.

Ich fühle mich Schwanger einfach nicht wohl und kann leider der Aussage auch nichts abgewinnen: „Die Schwangerschaft war die schönste Phase meines Lebens, wie gern wär ich noch mal Schwanger“. Ich freue mich eher auf die Zeit danach, wenn die Kleine greifbar ist – bis dahin brüte ich vor mich hin.

Was kommt als Mutter auf mich zu?

Viele Gedanken schießen Neueltern durch den Kopf und so machten wir uns Gedanken über die Länge der Elternzeit. Uns geht es gut. Ich denken wir leben im gesunden Mittelmaß und trotzdem möchte ich nach einem Jahr wieder arbeiten gehen. Denn sind wir mal ehrlich: Da setzt man grob gesagt eine zusätzliche Person in den Haushalt und es wird einem eine nicht unerhebliche Summe an Geld gestrichen. Wenn man Glück hat und stillen kann, hat man „nur“ die laufenden Kosten für Windeln, neue Klamotten, und weitere Produkte. Wenn man nicht stillen kann kommen auch noch weitere Kosten für die Nahrung dazu. Bringen wir es auf den Punkt:

Ein Kind kosten Geld – und das schon vor der Geburt!

Ich möchte unserem Kind später den gleichen Standard bieten, den wir heute auch haben. Ich möchte z. B.  dass sie ins Kino gehen kann ohne groß nachzudenken. Wir wollen trotzdem verreisen und das Haus und der Garten verschlingt natürlich auch einiges an Geld. Das alles muss erst mal verdient werden.

Bin ich egoistisch? – Eine große Portion Egoismus für die Mutter zum mitnehmen bitte!

Und das ist ein ganz wichtiges Thema für mich: Ich möchte mich selbst nicht verlieren. Ich möchte nicht 24 Stunden Mutter sein. Auch wenn sich das für einige vielleicht erst mal nach Rabenmutter anhört, denke ich dass es extrem wichtig ist, sich selbst nicht zu verlieren um dem Kind gerade deshalb ein gutes und vor allem realistisches Vorbild zu sein.

Ich möchte trotzdem auch mal ohne Kind weggehen, möchte mit Freunden durch die Nacht tanzen, oder mir einfach die tolle neue Uhr gönnen, die mich seit Tagen anlacht. Gesunder Egoismus steigert das Wohlbefinden und lässt mich meinem Kind gegenüber entspannter sein. Das setzt natürlich voraus, dass der Mann sich in dieser Zeit voll um die Kleine kümmert. Was wiederum bedeutet, dass ich ihm diese Prime Time auch gönne und er dann einfach seine Auszeit nutzen kann wie er möchte. Es sollte ein Geben und Nehmen sein und die veraltete Denkweise „Die Frau ist ausschließlich Hausfrau und Mutter“ fällt hier komplett raus. Hier muss jeder alles machen.

Ich freue mich unglaublich auf das Jahr zu Hause und ich freue mich darauf sie aufwachsen zu sehen und ich werde später wahrscheinlich auch vor Niedlichkeit platzen, wenn sie in dem süßesten Kleidchen tapsig auf Papa zu rennt, der gerade von Arbeit kommt. Dennoch möchte ich nach einem Jahr wieder arbeiten gehen.

Kann man Mütter in Kategorien einteilen?

Ich möchte irgendwann auch andere Dinge sehen und hören als Windeln, Rotznasen oder Spielplatzgespräche. Hier wird mir dann von der neben mir sitzenden Mutter ausführlich und im Detail erzählt, dass klein Kevin-Caspar sich heute das erste mal ganz alleine die Hose angezogen hat. Auch wenn es so lange gedauert hat, dass er einen Wutanfall mit Spucken und Heulen bekommen hat. Aber die Mama durfte ja nicht helfen! Oh was ist er groß geworden der kleinen Kevin-Caspar und ich solle mich doch auf die Zeit freuen wenn es bei mir soweit ist – und ja diese Zeit würde kommen inklusive Wutanfall. Dazu schickt mir die Mutter dann sicherlich noch einen beschwörenden Kennerblick den sie mit nicken und hochgezogen Augenbrauen untermalt und mir am liebsten mit einer Ghetto-Faust bestätigen möchte. Na Bravo…

Ich war verteilt über einige Jahre Kindermädchen, habe teilweise bei den Familien gewohnt, oder auch mehr als ein Kind gleichzeitig versorgt, behütete, getröstet, gewickelt, bespielt, Wutanfälle ertragen und in den Schlaf gesungen… Dabei kommt man natürlich auch wie beim eigenen Kind zwangsläufig in Kontakt mit anderen Müttern. Und ja, ich finde schon, dass sich einige Mütter in (von mir fiktive) grob definierten Kategorien ablegen lassen:

Typ 1: Die Vorzeigemutter

Nichts geht über das Kind, nicht mal das eigene Wohl. Alles wird dem Kind recht gemacht, man ist sozusagen das 24 Stunden-Opferlamm. Man stürmt los, sobald das Kind was möchte, versucht nur die besten Erziehungsmethoden an den Tag zu legen mit viel Erklärungen und relativ uneingeschränkten Regeln. Schließlich soll es Autark erzogen werden und selbst die Konsequenzen aus seinem Handeln lernen – mit nicht mal 1 Jahr. Man ernährt sein Kleinkind nur Bio und Vegetarisch im besten Falle.

Typ 2: Die extreme Karrieremutter

Die Kinder sind reine Deko-Objekte, dienen nur dem typischen „Heile Welt“ Familienbild, einfach weil es so sein muss in unserer Gesellschaft. Während Papa hinterrücks mit der Sekretärin pimpert ist Mama genervt, da sie das Kind tatsächlich mal eine Stunde am Tag alleine beschäftigen muss. Für den nächsten Tag wird dann noch zusätzlich zum Violinenkurs ein Klavierkurs belegt. Problem gelöst.

Typ 3: Die Ist-mir-egal-Mutter

Das Kind lebt nur nebenbei mit und darf sich nicht wagen etwas lauter zu spielen oder gar ausversehen mal ein Glas Wasser umzukippen ohne das die Mutter genervt die Augen verdreht und dem Kind erst mal eine Standpauke entgegenschmettert. Das stört schließlich gerade die höchst wichtige SMS Kommunikation der Mutter mit dem wildfremden Achim aus dem Flirtchat und sich dem evtl. daraus ergebenen Date heute Nacht. Weitere Geschwister nicht ausgeschlossen…

Typ 4: Die Mittelmaßmutter

Aus jeder Kategorie passt hier ein Stück rein, auch sie ist nicht perfekt und das soll sie auch nicht sein. Sie ist entspannt, wenn das Kind das Essen quer durch die Küche schleudert und wischt es ohne Kommentar einfach weg, ist aber einem Nervenzusammenbruch nahe, sollte das Kind allein auf den höchsten Baum der Nachbarschaft klettern und startet schon mal vorsichtshalber das Auto um schnellstmöglich in die Notaufnahme zu fahren. Punkt 19 Uhr ist dann bitte aber auch Ruhe im Karton, die Mamanerven brauchen dringend Erholung! Und wehe Junior kommt noch mal aus dem Kinderzimmer, dann platzt der Mond!

Okay ich gebe zu, diese Typen sind überspitzt dargestellt und sicher gibt es auch immer ein „Dazwischen“, aber hin und wieder sind mir diese Arten von Müttern so im Alltag begegnet. Fakt ist jedoch immer: Kinder sind zeitweise anstrengend, kosten Nerven, Geld und jede Menge unendlicher Liebe die wir in diese kleinen Wesen stecken und sie am liebsten auffressen würden, weil sie uns so unschuldig angrinsen, nachdem sie die neue Familienpackung Nivea komplett in sich und das Sofa einmassiert haben. Umso wichtiger ist es für sich einen Ausgleich zu finden um ein gesundes Gleichgewicht in der Familie herzustellen.

Würde es uns nicht geben, gäbe es die zappelnde Mitbewohnerin in mir nicht, die mein Herz jetzt schon zum hüpfen bringt, so bald sie vorsichtig von innen an meiner Bauchdecke entlang fährt. Meine Erfahrung mit Kindern und die Realität vor Augen bringen mich zu dem Entschluss, dass ich definitiv keine Übermutter sein werde und sein will. Jeder soll und darf das für sich selber entscheiden, ich werde darüber nicht urteilen (nur ab und an den Kopf schütteln und mir meinen Teil denken). Doch genau so wenig möchte ich für meine Entscheidung verurteilt werden und Tipps erhalten was doch das Beste für unser Kind wäre.

Warum sie denn jetzt im Matsch spiele und die dreckigen Hände auch noch in den Mund nimmt, das wäre doch nicht gesund! Es ist doch viel zu kalt am Po und man denke an all die Krankheitserreger und die Berge von Wäsche erst! Ruft das Jugendamt!

Stopp! Das ist unser Kind und unsere Entscheidung. Wir sind die Erziehungsberechtigten, wir versuchen mit gesundem Menschenverstand zu entscheiden, ob etwas gut oder schlecht für unsere Tochter ist und versuchen es ihr auch so zu vermitteln. Wir lernen genau so aus unseren Erfahrungen wie andere Mütter mit ihren Kindern. Ohne Erfahrungen gibt es keinen Lerneffekt und keine Weiterentwicklung im Leben. Was wäre wenn wir alle strikt nach Lehrbuch handeln und erziehen und keine Alternativen dulden würden? Alle auf einer gleichen Welle sozusagen ohne eigenverantwortliches Denken. Wo bleibt da die Möglichkeit sich selbst durch Fehler und Erfolge bestmöglich und vor allem eigenständig zu entwickeln? Ich höre mir gerne Ratschläge oder gut gemeinte Tipps an, ziehe aber für mich nur die Dinge raus, die ich als passend für unser Leben als Familie empfinde.

Mit jedem Tag den wir näher an die Geburt rutschen, werde ich vorfreudiger. Die anfängliche Unlust zur Schwangerschaft weicht Neugier und einer großen Portion Liebe mit der ich die Mitbewohnerin gnadenlos überschütten werde. Das arme hilflose Ding…

Ich bin froh, dass die Schwangerschaft bald ein Ende hat und freue mich so sehr auf ein gemeinsames neues Wir als Familie mit allen Höhen und Tiefen, die wir so im Laufe der Jahre erleben werden. Als mein Mann mir meinen „Nicht-Ehering“ zu unserem 7 jährigen Jubiläum schenkte und dazu den Zettel legte „Willst du weiterhin meine Nichtehefrau sein?“ ist er, ob nun mit oder ohne Eheschwur, die Verpflichtung eingegangen

In guten wie in schlechten Tagen

Denn genau das macht das Leben miteinander aus. Gute und schlechte Tage, Erfolge und Misserfolge, schlechte Laune oder strahlendes Verliebt sein nach all den Jahren. Das ist das Leben! Mit all den vielen Erfahrungen woraus wir uns weiter entwickeln und uns immer mehr als Familie zusammenfinden. Und nach 20 Jahren können wir unser Kind in seine erste eigene Wohnung ziehen lassen mit dem besten Wissen und Gewissen versucht zu haben, alles richtig zu machen.

 

 

 

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4 Comments

  • Reply Sigrid

    Ich sage da nur eins: Glückliche Mutter = glückliches Kind. Kümmere Dich weiter um Dein Wohlbefinden – natürlich nicht ausschließlich, aber eben auch nicht ganz bewusst NICHT. Es gibt Dir keiner einen Preis, wenn Du Dich selbst verleugnest (auch wenn Du damit natürlich ganz wunderbar anderen Müttern ein schlechtes Gewissen machen kannst ;-)). Im Endeffekt geht’s Dir UND Deinem Kind besser, wenn Du Dich selbst immer noch im Blick hast. Das glaube ich ganz fest. Aber ich muss Dir das gar nicht sagen, das weißt Du ja selber schon. 😉

    Alles Gute Euch Dreien!

    3. April 2017 at 12:39
    • Reply Frau Keks

      Ich denke auch das ich/wir da einen guten Mittelweg finden werden 🙂 mach mir da eigentlich auch keine großen Sorgen, aber es war gut sich das mal von der Seele zu schreiben. 😀

      3. April 2017 at 19:11
  • Reply Miluse

    Ich denke, deine Tochter wird ein sehr schönes Kindheit haben bei solche Eltern wie ihr beiden..ich bekomme ja oft mit über Instagram, wies bei dir ist zb was passiert ist oder wie tollpatschig du warst und so, ich musste da oft grinsen…ich finde, ihr seid lebhaft und werdet auf euer Weise richtig machen…:) Wie du über Erziehung denkst, gefällt mir super, so würde ich mein Kind auch großziehen, wenn ich mal schwanger werde 😛

    Alles Gute zur Geburt <3

    5. April 2017 at 15:50
    • Reply Frau Keks

      Oh weh, der Mann sagte auch schon „wehe sie erbt deine Tollpatschigkeit“ Ich denke ich sollte vorsichtshalber immer Pflaster im Haus haben 😀 Vielen lieben Dank für deine tollen Worte <3

      5. April 2017 at 19:32

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